Freitag, 21. Dezember 2012

Mohammed Hanif / Alice Batthis Himmelfahrt (1)

Erste Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Zu Beginn versuchte ich mir vorzustellen, was der Titel des Buches wohl bedeuten mag? Die Antwort erfährt man auf den letzten Seiten, im Epilog sozusagen. Um die Spannung nicht zu nehmen, werde ich mich darüber nicht auslassen. Wenn es sich gar nicht vermeiden lässt, so werde ich mich nur angedeutet und kurz dazu äußern. Es gibt aber noch so viel anderes, das ich mir näher betrachten kann.

Das Buch hat mir insgesamt recht gut gefallen. Auch den Schreibstil fand ich als gekonnt dargestellt. Dass die Welt in dem Buch so furchtbar grausam dargestellt ist, ja, das ist sie, recht grausam, das scheint wohl, wie man das auch aus der Presse recht oft entnimmt, ein Abbild der Realität des südasiatischen Landes Pakistan, aus dem der Autor stammt, zu sein.

Viele, viele Religionen, Pakistan und Indien, von denen ich zuvor noch nie etwas gehört habe. Im Vergleich wahrscheinlich wie bei uns Christen es die Katholiken und die Protestanten gibt. Ich habe mir jetzt nicht alle Konfessionen gemerkt. Muss man auch nicht. Wichtig ist aber der Platz, den die Religionen in dieser patriarchalischen Gesellschaft erhält, und diese den Alltag der dort lebenden Menschen bestimmt. Ich frage mich nur, sind es die Religionen, die die Menschen zu Bestien machen? Oder wird die Religion als Vorwand benutzt? Oder werden Männer von klein auf erzogen, dass Frauen wertlose Geschöpfe seien und sie ihnen dienen müssen, weil der Mann, angeblich als das starke Geschlecht, die Welt regiert... . Aus meiner Sicht ist es die Lust nach Macht, sich bedienen, wonach er verlangt... . Und so werden Frauen oftmals als ein bloßes Objekt gesehen.

Richtig gut gefallen hat mir auch, dass der Autor viel über die Stellung der Frau in der Gesellschaft geschrieben hat. Er ist parteiisch und stellt sich auf die Seite der Frauen, die schlecht behandelt werden. Ein Mann, der sich in eine Frau hineinzuversetzen in der Lage ist, vor dem habe ich Respekt.

Ich habe mich des öfteren gefragt, wie ich mit dem gelesenen Buch umgehen soll, ich, die aus einer völlig anderen Welt komme, und möchte mich aber keineswegs über diese Menschen stellen, dass sie z.B. in rückständigen Systemen leben. Statt dessen möchte ich lieber mitfühlend sein, Menschen gegenüber, die in so eine Welt hineingeboren werden, und sie lernen müssen, dieses System mit ihrem Leben zu überwinden. Wir können oftmals nicht einmal Familienprobleme lösen, wie schwer muss es erst sein, die Probleme eines ganzen Landes zu lösen? Ich möchte nicht urteilen, hoffe, dass es mir gelingen wird. Stattdessen möchte ich mich mit den Opfern und den mutigen Menschen, die sich für eine bessere Welt einsetzen, solidarisieren. Mehr kann ich nicht tun, ein kleiner Beitrag zum Weltfrieden... .

Da ich nun so viel geschrieben habe, Gesamteindrücke, die ich nicht zur Seite schieben wollte, werde ich eine  zweite Buchbesprechung im nächsten Posting schreiben, in der Zitate eingefügt werden.




Mittwoch, 19. Dezember 2012

Mohammed Hanif / Alice Bhattis - Himmelfahrt



A1 - Verlag
272 Seiten 
gebunden 
€ 19,90 
ISBN 978-3-940666-22-2
2. Auflage



Klappentext


Im Zentrum des Romans steht das Herz Jesu Krankenhaus in Karachi. Alice Bhatti, eine junge Christin, bekommt eine Stelle als Assistenzkrankenschwester. Einige Zeit zuvor aus der Besserungsanstalt entlassen und in das Haus ihres Vaters im Christenghetto French Colony zurückgekehrt, gelingt es ihr mit ihrem unerschrockenen, zupackenden Auftreten schon bald, im chaotischen Alltag des vollkommen überfüllten und desolaten Krankenhauses Fuß zu fassen. Unterstützung erhält sie von dem 17-jährigen Jungen Noor, der dort als Schreiber angestellt ist und Alice vergöttert, sowie von der anfangs harschen, unzugänglichen Oberschwester Hina Alvi.


Autorenportrait

Mohammed Hanif, geboren 1965 in Okara/Pakistan, war Pilot der pakistanischen Luftwaffe, bevor er eine Karriere als Journalist einschlug. Ende der neunziger Jahre übersiedelte er mit seiner Familie nach London. Er schrieb Theaterstücke und Drehbücher und absolvierte das renommierte Creative Writing Programme der University of East Anglia. Im Herbst 2008 kehrte er nach Pakistan zurück und arbeitet dort als Korrespondent der BBC. Er lebt in Karachi.»Eine Kiste explodierender Mangos« ist sein erster Roman, der bereits kurz nach Erscheinen für den Man Booker Prize nominiert wurde.


Neu entdeckt habe ich den Autor auf der diesjährigen Frankfurter Buchmesse. Ich habe mir zwei Werke von dem Autor gekauft. Das obige Werk ist das der erste Band, den ich von ihm lese. Mich haben die Klappentexte angesprochen. Literatur aus Pakistan hatte ich bisher noch nicht gehabt. Ich betrete demnach Neuland, speziell aus dem asiatischen Raum. Allerdings habe ich mit islamischer Literatur schon mehrfach zutun gehabt.

Das zweite Buch Eine Kiste explodierender Mangos steht noch ungelesen in meinem Regal.







Dienstag, 18. Dezember 2012

Ernst Augustin / Robinsons blaues Haus (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre 

Das Buch ist recht kompliziert zu lesen, aber ich schreibe trotzdem darüber, da ich neugierig bin, was sich mir bewusst und unbewusst für Gedanken und Ideen zu dem Inhalt auftun.

Es ist nicht so, dass es mir gut gefallen hat, aber es ist auch nicht so, dass es mir nicht gefallen hat. Der Roman ist voller Bilder und Ideen. Manchmal recht traurige und manchmal verpackt in Humor. Der Roman ist voller Räume, innen und außen... . Man darf nicht fragen, was wahr ist und was falsch ist. Viele, viele Welten treten hier zum Vorschein. Welt innen, Welt außen..., zerlegt in viele kleine andere Welten... , real, surreal und irreal ... . In diesem ganzen Komplex gibt es schließlich aus vielen Realitäten eine einzige Wirklichkeit. Ich selbst habe nicht den Anspruch, diese vielen Welten zu verstehen. Die Welten im Inland, die Welten im Ausland. Das Ausland im Inland (BRD / DDR)... . Alles Räume, die sich Robinson, wie auf einer einsamen Insel lebend, selbst kreiert, um psychisch und geistig überleben zu können. Gebäude und Gemäuer zum Selbstschutz. Aber einige Räume, Gebäude sind recht stilvoll gestaltet... . Man muss diese Welten finden und jeweils einen Namen geben, sollte man jene Orte wieder erkennen.

Auch wenn der Name im Buchtitel mit Robinson versehen ist, so ist dies eher ein Fantasiename des Protagonisten des Romans, ein Nickname für Chatrooms. Sein richtiger Name wurde nur einmal erwähnt, dann nie wieder. Man muss also sehr aufmerksam lesen, um gewisse Details nicht zu verpassen. Erst auf Seite dreiundfünfzig erfährt man den richtigen Namen von alias Robinson. Er heißt Thomas Hilprecht jr. und kommt aus Lübeck. Er ist das einzige Kind dieser dreiköpfigen Familie. Sein Vater ist Bankier und beruflich oft verreist. Von der Mutter erfährt man nicht sehr viel, außer dass sie Hausfrau und Mutter ist und recht früh verstarb.

Der Protagonist ist kein Kind mehr, lässt uns aber retrospektivisch an ein paar Ereignissen seiner Kindheit teilnehmen. Sein Vater z.B., der ihm prophezeite, dass er es im Leben mal schwer haben werde und er auch keine Freunde haben würde, machte es sich mit dieser Mentalität ein wenig einfach, denn er weiß nicht, was es mit dem
Jungen macht, der so eine Welt einsuggeriert bekommt...

Du wirst entdecken, dass du allein bist, dass du dich auf einer Insel befindest - merke dir, mein Sohn - inmitten eines Ozeans von Menschen über Menschen, die alle laut reden und alle etwas anderes meinen. Die Ihre Seele daransetzen werden, dich von dieser Insel - so selig sie immer sein mag - zu vertreiben. Es sind sechs Milliarden, alle miteinander  ... .

Der Vater war nicht autoritär, doch sehr pflichtbewusst und legte viel Wert auf die Durchschnittlichkeit in Form des nicht aus der Rolle fallen, und immer schön brav und anständig dem geregelten Leben nachgehen.  Statt den Sohn noch für andere Berufe neugierig zu machen, sorgte er dafür, dass Thomas nach der Schule auch Bankkaufmann wird und so tritt der Junge in die Fußstapfen seines Vaters. Der Vater wollte den Sohn in sichere Bahnen wissen.

Allerdings lässt dieser Wunsch nach Durchschnittlichkeit noch andere Schlüsse zu. Politische Motive könnten den Vater dazu bewegt haben, nicht aufzufallen, um sich nicht zu gefährden. Der Deutungen, so bin ich sicher, gibt es viele.

"Ich weiß", sagte mein Vater, "dass du in deiner Bank nicht übermäßig glücklich bist. Dass dir diese geordneten Verhältnisse, wie sie geboten werden, wenig erstrebenswert erscheinen, ich weiß. Das gute Ein- und Auskommen, mit Pensionsanspruch, selbst die vorhandenen Aufstiegsmöglichkeiten erscheinen dir wenig verlockend. Also mittelmäßig. Ich weiß. Deshalb lass dir sagen, mein Sohn, Mittelmäßigkeit ist eine Gnade! Das mag dir vielleicht noch nicht einsehen, aber lass dir sagen, sie ist die wahre Tugend, die den Menschen durchs Leben bringt."

Von den Problemen seines Sohnes dagegen wusste der Vater nichts, als dieser noch klein war und von Mitschülern gehänselt wurde, da er berufsbedingt zu selten zu Hause war.
Doch schon in der Schule machte der Junge die Erfahrung, von den Klassenkameraden ausgestoßen zu werden. Um aus dieser Außenseiterrolle zu kommen, hätte er eine schwere Bewährungsprobe bestehen müssen. Doch er konnte sich geschickt drücken, und erfand einen Raum auf dem Hof, wo ihn niemand finden konnte... . Das Versteckenspiel hörte auf, als die Familie schließlich kurze Zeit darauf durch glückliche Umstände den Wohnort wechselte... .

Als Erwachsener beschreibt sich Robinson folgendermaßen:

Er sei ein Mensch, der nichts mit sich herumträgt. Kein Gepäck, keine Taschen, nicht mal einen Schirm, wenn dann nur einen Mantel, den er sich über die Schultern wirft. Jedenfalls kann er jeder Zeit von seinem Platz aufstehen und verreisen, (...) sich in den Zug setzen und nach Kopenhagen zu fahren.

Ein wenig absurd diese Beschreibung. Aber sie gefällt mir. Die Vorstellung auf diese Weise von jetzt auf gleich sich in den Zug zu setzen und verreisen, ist unkompliziert und schön.

Robinson ist der Nickname, abgeleitet von Daniel Defoes Roman Robinson Cruso. Und ich nenne ihn jetzt auch Robinson. Robinson befindet sich im Chat-room und spricht mit Freitag. Es wird hier auch die Anonymität thematisiert, die Gesichterlosigkeit und was daraus folgt:

(…) das Gesicht, ohne Gesicht wird der Mensch waghalsig und schämt sich nicht. D.h. heute schäme ich mich, wenn auch nicht sehr, ich schäme mich virtuell, fast oder beinahe.

Freitag ist die anonyme (Fantasiefigur / aus Robinson Cruso), mit der Robinson sich austauscht. In seiner Vorstellung gibt es auch eine Frau Freitag, doch Herr Freitag negiert diese Figur, tut sie als nichtexistent ab. Frau Freitag, die es nur in seiner Vorstellung gäbe. Und in der Tat. Er verabredet sich mit Frau Freitag, doch Frau Freitag erscheint nicht.

Er geht Schwimmen, seine Mutter bittet ihn, wieder zu kommen. Wieso bittet sie ihn wieder zu kommen? Der Junge assoziiert es mit einem Seemann, der sein Bestes tut, und dass nicht jeder Seemann ein nasses Grab erhielt. Nasses Grab *lol*. Schöne Metapher, auf die ich später noch einmal zu sprechen komme.

In dem Buch tauchen auch zwei männliche Figuren auf, wo ich glaube, dass sie stellvertretend für die Stasi stehen. Sie suchten eines Tages den Vater auf, der Vater selbst befand sich auf der Flucht. Es sagte zu seinem Sohn, dass, wer ihn nicht kennen würde, so könne dieser ihn auch nicht verraten. Der Erwachsene junge Mann machte sich Sorgen um seinen Vater und glaubte, die väterliche Seele in einer Schreibtischschublade gefunden zu haben.

Skizzen und Pläne, einen ganzen Haufen, ich habe geweint. Pläne für Schlafsäcke, für Polsterstiefel, für warme Mützen, Körperhüllen zum Überleben in Eiswüsten. Man bedenke, Eiswüsten! Ausgemessen, berechnet, sorgfältig beschriftet, eine Arbeit zum Weinen. Da ist dieser Mensch, der sich anscheinend nichts sehnlicher wünscht, als dorthin zu gehen, wohin ihm niemand folgen kann. Im Eissack, in der Polarausstattung, man bedenke. Es war nicht so sehr die völlig unsinnige Vorstellungskraft, die mich weinen machte - Amundsen und Ericson hatten auch ihre Einfälle; es war die Sorgfalt, mit der hier ein eisiger Traum geplant worden war, die unbeirrbare väterliche Präzision.

Hier kommen die Nöte des Vaters richtig zur Geltung. Viele Überlegungen, wer es schaffen könnte, das Land zu verlassen, entstehen. Zu seinem Sohn sagt er:

"Sie können dir nicht folgen, weil ihnen Eiszapfen unter der Nase wachsen, bei sechzig Grad Minus. Als Beispiel. Du hast dir erfindungsreich einen Tropfenfänger gebaut, ein Tröpfchen in der Kopfhaube, so dass dir keine Eiszapfen wachsen. Du gehst, gehst immer weiter, fernab das Jaulen der Verfolger".

Eiszapfen unter der Nase wachsen, *lol*. Gefällt mir sehr.

Irgendwann, nachdem Robinson seine eigenen Erfahrungen gemacht hat erkennt er, dass der Mensch selbst sein eigenes Haus sei,

" (…) So kommt er rüber und so geht er raus,mächtig und prächtig,ärmlich erbärmlich,das ist der Mensch und so sieht er aus."

Wirkt auf mich ein wenig pessimistisch aber trotzdem schön.

Auf der Seite zweihundertfünfzig werden andere Häuser beschrieben. Und sie haben mir alle gefallen. Zumindest die Ideen, die Vorstellung solcher Häuser. Robinson verreist, er verreist in den Süden, in den Norden, zu den Afghanen usw..
Das Haus des Nordländers sei nach allen Seiten hin offen und zugänglich. Das Haus würde unter einer dicken Wetterhaube auf freiem Gelände sitzen.
Dagegen das Haus des Südländers sei genau das Gegenteil. Es sei geschlossen und eingemauert. Es besitze weder Fenster noch Türen. Irgendwo in einem Mauergang befände sich die Pforte.
Dagegen das Haus des Japaners bestehe nur aus Papier... . Usw.

Auch gibt es einen Vogel, oder vielmehr ein Adler, der schwarz-weiß gestreift ist, mit einer goldenen Brust, und der recht skeptische Blicke auf Robinson wirft. Ob damit die BRD gemeint ist, sozusagen nach dem Mauerfall, und er sich als Gast begreift und als Gast angenommen wurde?

Auf den letzten Seiten plant Robinson zum Schluss ein großes Haus zu bauen.

Es wird ein großes Haus werden. Mit vielen Korridoren und Ein-und Ausgängen, je nachdem, ob man hinein oder hinaus will, man ist ja nicht immer derselbe. Es geht hinauf und hinab, prächtig symmetrisch soll es werden und zugleich mächtig krumm und unübersichtlich, möglichst verbaut. Es soll genügend abgelegene Winkel haben, Scheintüren und Scheinwände, dass man nie ganz sicher sein kann, wo genau man sich befindet.

Das Haus stehe dafür, sich mit sich selbst dort einzurichten. Sich selbst Räume geben, sich selbst finden, sich selbst Schutz gewähren. Der Autor beschreibt es als ein Haus des Inneren, das ihm ermöglicht, in sich selbst hinein zu gehen. Und er spricht von Landschaften der Seele, auf die man durch die Fenster des Hauses blicken könne. In sich hinein blicken können und Welten entdecken.

Ich komme jetzt nochmal auf das Wasser zu sprechen, da Wasser auch recht symbolträchtig ist. Der Autor spricht von dunklem Wasser, das ganz tief unten fließt, im untersten Keller, im tiefsten Untergeschoss:

Aber es sind schwarze Wasser, die dort fließen, ein schwarzer Strom, schnell, klang und lautlos wie ein Schlangenleib. Sehr tief und sehr weit unten. Das Wasser schwillt, wird breit und bedrohlich und fängt an zu kurbeln. Das sind meine Ängste, die dort herumschwimmen, die verdrücken Gefühle, die Süchte und das ganze Leid. Aber irgendwann, das verspreche ich, werde ich hingehen und ein tiefes Loch in den Bimsstein graben, ich werde nachsehen, was dort unten ist. Luft ist leicht. Erde ist schwer. Wasser neigt zur Hysterie. Und Feuer, lieber Freund, Feuer ist ganz sicherlich hoch kriminell.

Irgendwann auf den ersten Seiten, so erinnere ich mich, als die Frage gestellt wurde, was wichtiger sei, Geld oder Liebe? Dann kam Leerlauf. Nach dem Leerlauf stand geschrieben beides.

Doch jetzt, zum Schluss, gehen wir wieder zurück in den Chat - Raum, zurück ins Internet, um alles, was dort an Leben abgerufen wurde, wieder zu löschen geht. Nur die Liebe, für die man kein Passwort benötige, bleibe für immer, und nur diese könne man überall mit hinnehmen ... .

_________________________
„Musik ist eine Weltsprache“ 
         (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2012: 90
Gelesene Bücher 2011: 86





Sonntag, 16. Dezember 2012

Ernst Augustin / Robinsons blaues Haus


2. Auflage 27.01.2012. 
319 Seiten,: Gebunden
C.H.BECK - Verlag
19,95 €
ISBN 978-3-406-62996-9

Klappentext
Es ist die Fabel vom letzten Robinson in einer Welt nicht mehr vorhandener Freiräume. In Grevesmühlen, in blauer Südsee, im Londoner Kerker, im Spiegelhaus auf dem Wyman Tower. Es gibt einen hochpolierten Freitag, eine Dame mit Schritt, es gibt eine abgesoffene Kirche, ein Imperium von Besenkammern und es gibt Luxus, illuminierte Zahnbürsten, Tangomusik, bernsteinfarbenes Licht. Vor allem gibt es eine Unmenge virtuellen Geldes, mit dem man das alles kaufen kann und das sich auf Knopfdruck „löscht“. Und der beste Freund erweist sich dann als der tödlichste. Eine letzte Robinsonade, ja, aber eine poetische von nie gesehener Farbigkeit, genau so – der Autor ist seit drei Jahren erblindet.


Autorenportrait

Ein Autorenportrait gibt es im weiteren Klappentext keinen. Auch der Verlag vom Autor keine biografischen Daten vorliegen.

Bei Wikibedia:
Ernst Augustin, geb. am 31. Oktober 1927 in Hirschberg im Riesengebirge, ist ein deutscher Schriftsteller.verbrachte seine Jugend in Schweidnitz und Schwerin, wo er die Oberschule besuchte. Die HJ-Mitgliedschaft war für ihn mit Langeweile und Stumpfsinn verbunden, dem er sich zu entziehen suchte.[1] Nach Kriegsende legte er 1947 die Reifeprüfung ab. Von 1947 bis 1950 studierte er in Rostock Medizin; danach wechselte er an die Humboldt-Universität zu Berlin, wo er 1952 mit seiner Dissertation mit dem Titel Das elementare Zeichnen bei den Schizophrenen promovierte. Er arbeitete von 1953 bis 1955 als Unfallchirurg in Wismar und 1955 bis 1958 als Assistenzarzt für Neurologie und Psychiatrie an der Ost-Berliner Charité.1958 floh er aus der DDR in die Bundesrepublik. Bis 1961 leitete er ein amerikanisches Krankenhaus in Afghanistan. Er bereiste Pakistan, Indien, die Türkei und die Sowjetunion. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland war er Stationsarzt an der Münchner Universitäts-Nervenklinik. Diesen Posten gab er 1962 auf; er arbeitete aber noch bis 1985 als psychiatrischer Gutachter. Augustin ist Mitglied der Bayerischen Akademie der Schönen Künste und der Deutschen Akademie für Sprache und Dichtung.Augustin ist ein eigenwilliger Vertreter der phantastischen Literatur in der Nachfolge Kafkas und der Surrealisten. Vorherrschendes Thema seiner Romane ist die Persönlichkeitsspaltung.Er lebt mit seiner Frau in München. Bei einer Hirnoperation wegen eines Tumors 2009 erblindete er.[1]
 Eine Interessante Persönlichkeit. Das Buch habe ich allerdings nur des Covers wegen gekauft, das mich tief bewegt hat. Man merkt dem Autor an, dass er Psychiater ist, da alle Cover seiner Bücher  sich von anderen so abheben, dass  man ihnen irgendwie etwas Tiefgründiges im Bereich der Psyche ansieht.
Kurze Zeit später wurde das Buch auch  im Literaturradio besprochen... .

Ich habe mal ein paar Seiten gekostet und ich denke, es kommt ein recht schwermütiges Thema auf mich zu.








Ernest Hemingway / Paris, ein Fest fürs Leben (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Buches 
Papa Hemingway von A. E. Hotcher hat mir besser gefallen. Das obige Buch besteht aus unfertigen Manuskripten, Fragmente, da Hemingway sich vorzeitig das Leben nahm, was ich so schade finde. Ich denke, dass in ihm immer die Angst ausbrach, nicht mehr schreiben zu können. Dem ist im Buch sogar ein ganzes Kapitel gewidmet. Seinen Enkelkindern haben wir es zu verdanken, dass wenigsten diese unfertigen Schriftstücke sinnvoll zusammengebracht, bearbeitet und diese publiziert haben. Ohne sie wäre das Buch nie zustande gekommen.

Man hat es hier mit einem recht jungen Hemingway zu tun, Hemingway im jungen erwachsenen Alter. Er war mit Hadley verheiratet und beide hatten ein Kind im Säuglingsalter. Seine Frau rief Hemingway oft mit dem Spitznamen Tatie.
In dem Buch spricht Hemingway oft in der zweiten Person Singular.

In Paris lernte die junge Familie viele Künstler und Schriftsteller kennen, auf die ich später noch zurückkommen werde. Manche Textstellen sind so schön, dass ich die Zitate rausschreibe, aber ohne sie weiter mit dem Inhalt kommentieren zu müssen. Man kann etwas auch zerreden und man verliert sich in überflüssige Erklärungen.

Es war kalt in Paris, und der ein wenig philosophisch gestimmte Hemingway, der recht verfroren ist, wartet sehnsüchtig auf den Frühling, allerdings in großer Sorge:

Manchmal schlug ein stürmischer kalter Regen den Frühling wieder zurück, so dass es schien, als käme er nie und du könntest eine Jahreszeit deines Lebens einbüßen. Das war die einzige wirklich traurige Zeit in Paris, weil sie nicht der Natur entsprach. Im Herbst hast du erwartet, traurig zu werden. Jedes Jahr starb ein Teil von dir, wenn die Blätter von den Bäumen fielen und ihre Zweige kahl in den Wind, in das kalte Winterlicht ragten. Aber du wusstest, immer würde es wieder Frühling werden, so wie du wusstest, dass der zugefrorene Fluss einmal wieder fließen würde. Wenn der kalte Regen anhielt und den Frühling tötete, kam mir das wie das grundlose Sterben eines jungen Menschen vor. Am Ende kam der Frühling in jenen Tagen aber immer; doch war es beängstigend, dass er es beinahe nicht geschafft hätte.

Hemingway war von Beruf Journalist, den er aber an den Nagel gehängt hat, um sich ganz seinem literarischen Schaffen passiv und aktiv widmen zu können. Wenn er länger an seinen Texten gearbeitet hatte, so suchte er danach Abstand über literarische Werke anderer Autoren. Hemingway schrieb also nicht nur viel, er las auch viel.

Um mich nach der Arbeit abzulenken, las ich manchmal Schriftsteller, die meine Zeitgenossen waren, Aldous Huxley, zum Beispiel, oder D. H. Lawrance oder andere, deren Bücher du in Silvia Beachs Leihbücherei bekommen konntest (...).

In Paris lernte Hemingway Getrude Stein kennen, die Künstlerin ist und in Paris ihr Atelier besitzt. Hemingway suchte nach harter getaner schriftstellerischer Arbeit ihre Nähe auf, um sich von seiner Arbeit ablenken zu können.

Wenn ich schrieb, musste ich nach dem Schreiben immer etwas lesen, um meine Gedanken von der Geschichte abzulenken, an der ich gerade arbeitete. Wenn du ständig darüber nachdachtest, ging es für dein Schreiben verloren, bevor du am nächsten Tag weitermachen konntest. Ich musste mich auch sportlich betätigen, mich körperlich erschöpfen, und es tat sehr gut, mit einer Frau zu schlafen, die du liebtest. Das war besser als alles andere. Aber hinterher, wenn du leer warst, musstest du lesen, um nicht zu denken oder dich wegen deiner Arbeit zu sorgen, bis du wieder weitermachen konntest. Ich habe bereits gelernt, den Brunnen meines Schreibens nie zu erschöpfen, sondern stets aufzuhören, wenn im tiefen Teil des Brunnens noch etwas übrig war, und ihn über Nacht von Quellen, die ihn speisten, wieder füllen zu lassen.

Auch in diesem Zitat steckt soviel Weisheit, psychologisches Wissen und Symbole, aber auch die Sorge um seine Arbeit.

Die Künstlerin Gertrude Stein riet Hemingway von Aldous Huxley ab, da Huxley ein toter Mann sei:

"Huxley ist ein toter Mann", sagte Miss Stein. "Wozu wollen Sie einen toten Mann lesen? Können sie nicht sehen, dass er tot ist?"
Ich konnte damals nicht sehen, dass er ein toter Mann war, und sagte, seine Bücher amüsierten mich und hielten mich vom Denken ab.
"Sie sollten nur lesen, was wirklich gut ist oder was rundheraus schlecht ist."
Ich habe den ganzen Winter und auch den ganzen Winter davor wirklich gute Bücher gelesen und werde auch nächsten Winter wieder welche lesen, und rundheraus schlecht Bücher mag ich nicht.
"Warum lesen Sie diesen Schund? Das ist aufgeblasener Mist, Hemingway. Von einem toten Mann."
"Mich interessiert, was die schreiben", sagte ich. "Und solange ich lese, muss ich nicht an mich selber denken".
Doch Gertrude Stein fand auch an D. H. Lawrence etwas auszusetzen, der wie ein Kranker schreiben würde, der zu sentimental und grotesk sei.

Später, Hemingway war vier Jahre mit der Künstlerin befreundet, durchschaute er sie und es wurde langsam auffällig, dass Gertrude Stein an jedem guten Autor etwas auszusetzen hatte.
Auch aus anderen Gründen beendete Hemingway die Freundschaft zu ihr... .

D. H. Lawrence und Hexley habe ich auch gelesen und von Lawrence, den ich mal vor mehr als zwanzig Jahren gelesen hatte, war ich angetan.

Die Gespräche zu anderen Autoren und deren Werke hörte aber damit nicht auf. Paris, nicht nur eine Weltstadt, sondern auch die Stadt der Künstler, gerät man immer wieder in Künstlerkreisen, wenn man selbst Künstler ist.

Da Hemingway seinen Journalismus aufgegeben hatte, fehlte ihm die Einnahmequelle. Familie Hemingway bezeichnete sich dadurch als arm, wobei diese Art von Armut für mich eher als eine relative Armut und nicht als eine absolute Armut zu bezeichnen ist. Haben sich die Eheleute zuvor teure Gemälde und teure modische Kleider geleistet, so mussten sie nun hierbei Abstriche machen.
Durch die relative Armut konnte sich Hemingway keine Bücher kaufen. Also besuchte er regelmäßig  die Sylvia Beach Leihbibliothek. Hemingway hatte noch nicht einmal das Geld, um die Ausleihgebühr zu bezahlen, doch Sylvia Beach zeigte sich Hemingway gegenüber recht wohlwollend, indem sie Hemingway anbot, die Gebühr erst dann zu bezahlen, wenn er dazu in der Lage sei. Er durfte trotzdem Bücher ausleihen.

Aus dieser Bibliothek leihte er sich alle Bücher, die wir heute als Klassiker bezeichnen. Gogol, Tolstoi, Dostojewski u. v. m. . Ich gehe nicht auf alle Autoren ein, zu dem Hemingway sich eine Meinung gebildet hatte. Interessant fand ich die Meinung, beispielsweise seine Erfahrung mit den Büchern von Dostojewski:

Bei Dostojewski gab es Glaubhaftes und Nichtglaubhaftes, aber manches war so wahr, dass es beim Lesen einen anderen Menschen aus dir gemacht hatte; bei ihm konnte man Schwäche und Wahnsinn, Verruchtheit und Heiligkeit und den Irrsinn des Glücksspiels kennenlernen (...).

Ich selbst besitze noch einige ungelesene Dostojewskibücher, so bin ich natürlich durch Hemingway sehr neugierig geworden, und ich nun die Absicht habe, ihn in der nächsten SuB-Spielrunde  zur Auswahl dazu zu nehmen.

Zur Abwechslung möchte ich nun eines Szene wiedergeben, die mich als Katzenliebhaberin sehr erfreut hat. Wie allgemein bekannt, ist Hemingway ein großer Fan von Katzen. Auch in Paris, allerdings nicht in so einer zahlreichen Schar, wie dies in seiner Heimat der Fall gewesen ist. In Paris versorgte er nur eine Katze, die sich auch als Babysitterin einsetzen ließ. Zu der damaligen Zeit war es noch nicht üblich, Kleinstkinder fremden Leuten zur Betreuung anzuvertrauen. Es gab so etwas wie Babysitting noch nicht. Die Katze F. Puss übernahm diese Funktion für das Baby namens Bumby. Es war wieder sehr kalt in Paris, und Ernest Hemingway flüchtete mit seiner Frau zum Arbeiten in Cafés, um sich dort aufzuwärmen. Die Pariser Wohnung war nicht ausreichend geheizt.
Sie konnten aber das Kind nicht immer mit in das Café nehmen, denn:

(...) es war nicht richtig, das Baby im Winter mit ins Café zu nehmen; auch nicht ein Baby, das niemals schrie und alles um sich her beobachtete und sich niemals langweilte. Damals gab es kein Babysitter, und Bambi blieb zufrieden in seinem hohen Gitterbett mit seiner wunderbaren großen Katze, die F.Puss hieß. Manche Leute sagten, es sei gefährlich, ein Baby mit einer Katze allein zulassen. Die am wenigsten Ahnung und am meisten Vorurteile hatten, sagten, Katzen würden einem Baby den Atem wegsaugen und es töten. Andere sagten, Katzen würden sich auf das Baby drauflegen und es mit ihrem Gewicht erdrücken. F. Puss lag neben Bumby in dem hohen Gitterbett und beobachtete mit seinen großen gelben Augen die Tür und ließ niemanden in seine Nähe kommen, wenn wir nicht da waren und Marie, die fémme de menage, einmal weggehen musste. Wir brauchten keinen Babysitter. F. Puss war der Babysitter.

Hemingway war besonders tierlieb, er versuchte sich auch für Schlachttiere einzusetzen, in dem er  ein humanes Schlachten propagierte.
Aber man weiß auch, dass er sehr gerne an Pferdewetten und in Spanien an Stierkämpfen teilnahm.

Als er mit seiner Familie zum Skilaufen fuhr, befand sich auch ein Hund in ihren Kreisen:
Es gab einen Hund, der hieß Schnauz und schlief am Fußende unseres Bettes und begleitete uns gern auf unseren Skiwanderungen, und wenn ich bergab fuhr, trug ich ihn auf dem Rücken oder über der Schulter.
Ich finde, das ist ein schönes Bild.

Hemingway macht Bekanntschaft mit dem amerikanischen Schriftsteller Scott Fitzgerald, der mir durch verschiedene gelesene Werke auch bekannt ist.

Hemingway war nicht so sehr von ihm begeistert, seine Frau ebenso nicht.
Fitzgerald erwies sich Hemingway gegenüber als eine recht komplizierte Persönlichkeit. Er neigt zu Alkohol und zu eingebildeten Krankheiten. Krankheiten, wie z.B. Lungenentzündung, die man sich nur in Europa einfangen konnte, so die These Scotts. Hemingway und Fitzgerald befinden sich in ein Hotel auf dem Rückweg von Lyon nach Paris. Fitzgerald packte die Angst, an einer Lungenentzündung erkrankt zu sein. Obwohl Hemingway seinen Freund durchschaut hatte, tat er alles, was ihm geheißen wurde. Scott bildete sich Fieber ein und hielt Hemingway dadurch auf Trapp.

"Woher willst du wissen, dass ich keine Temperatur habe?"
"Deine Temperatur ist normal, und ich habe gefühlt, dass du kein Fieber hast."
"Das hast du gefühlt", sagte Scott hämisch. "Wenn du wirklich mein Freund  bist, besorg mir ein Thermometer."
"Ich bin im Pyjama."
"Lass eins bringen." Ich klingelte nach dem Zimmerkellner. Er kam nicht und ich klingelte noch einmal und ging dann auf den Flur, ihn zu suchen. Scott lag mit geschlossenen Augen im Bett, atmete langsam und vorsichtig und sah mit seinen wachsbleichen, vollkommenen Zügen aus wie ein kleines totes Kreuzfeuer. Ich hatte das Schriftstellerleben allmählich satt, wenn das, was ich hier tat, dass Schriftstellerleben sein sollte, und schon jetzt fehlte mir meine Arbeit, und ich empfand jede Todeseinsamkeit, die am Ende jedes Tages kommt, den man in seinem Leben vergeudet hat. Ich hatte Scott und diese alberne Komödie satt, aber ich fand den Kellner und gab ihm Geld, ein Thermometer und ein Röhrchen Aspirin zu kaufen (...).

Es ging noch eine ganze Weile so weiter.

Französische Ärzte bezeichnete Scott als miefe Quacksalber.

Fitzgerald verachtete Europa; erst die Italiener, dann die Franzosen, Engländer... , welche Meinung er von den Deutschen und den Österreichern hatte, das konnte Hemingway nicht in Erfahrung bringen. Wahrscheinlich hatte er mit Deutschen und den Österreichern noch nichts zu tun gehabt, so die Vermutung Hemmingways.

Es gab Probleme mit dem Auto, der Motor müsste neu geölt werden, und Fitzgerald weigerte sich, mit der Begründung, dass amerikanische Autos nicht geölt werden müssten, nur schlechte, französische Autos müssten nachgeölt werden.
Sein Auto war ein amerikanisches.

Damals hasste Scott die Franzosen, und da praktisch die einzigen Franzosen, zu denen er regelmäßig Kontakt hatte, Kellner waren, die er nicht verstand, Taxifahrer, Automechaniker und Vermieter, hatte er reichlich Gelegenheit, sie zu beleidigen und zu beschimpfen.

Über die Schriftstellerrei tauschten sich Hemingway und Fitzgerald aus, in der Thematik, ob man sich den Erwartungen der Verlage beugen solle oder nicht. Hemingway gebraucht den Begriff "Hurerei", wenn Schriftsteller in ihren Werken nicht authentisch bleiben und er zeigte sich ein wenig entsetzt, als er hörte, dass Scott sich den Erwartungen der Verlage beugte:

Ich versuchte, ihn dazu zu bringen, seine Geschichten so gut zu schreiben, wie er konnte, und keine Tricks anzuwenden, nur damit sie in  irgendein Schema passten, was er, wie er mir einmal gesagt hatte, meistens tat.

Da ich ja von Fitzgerald selbst auch schon Bücher gelesen habe, ist dies eine interessante Information für mich, dass er zu den Autoren gehört, die sich den Erwartungen der Leserschaft und den Verlagen anzupassen wusste.

Scott sagte, natürlich sei das "Hurerei", aber er müsse das machen, da er das Geld von den Zeitschriften brauche, um anständige Bücher schreiben zu können. Ich sagte, ich glaubte nicht, dass irgendjemand etwas anderes als das Allerbeste, dessen er fähig sei, schreiben könne, ohne sein Talent zu zerstören. Er sagte, er habe gelernt, die Geschichten für die Zeitschrift so zu schreiben, dass sie ihm nicht schadeten. Zuerst schreibe er die eigentliche Geschichte, sagte er, und die Zerstörung und Veränderung schade ihm nicht. Ich konnte das nicht glauben und wollte ihm dies ausreden, brauchte aber einen Roman, der meinen Glauben stärken würde und den ich ihm zum Beweis vorzeigen könnte, und so einen Roman hatte ich noch nicht geschrieben."

Hemingway hätte ihm so gerne einen guten Roman als Beispiel von sich selbst gezeigt. Seine Erwartungen allerdings waren so hoch, dass ich schon fast sicher bin, dass dieses hohen  Erwartungen die plagenden Schreibblockaden, unter denen er so sehr liebt, hervorrief:

Seit ich angefangen hatte, alles, was ich schrieb, in seine Einzelteile zu zerlegen und alles gefälliger auszumerzen und mich auf das Wesentliche zu beschränken, statt es zu beschreiben, war das Schreiben eine wunderbare Sache. Aber es war sehr schwierig, und ich hatte keine Ahnung, wie ich jemals etwas so Langes wie einen Roman schreiben sollte. Oft brauchte ich einen ganzen Vormittag, um einen einzigen Absatz zu schreiben.

Seine Schreibblockaden waren dermaßen stark, dass sich ihm innerlich im Stillen sein negatives, destruktives Gewissen meldete, das ihn vom Schreiben abzuhalten versuchte:

Plötzlich hörtest du jemanden sagen: Hallo, Hem. Was soll das denn werden? Du schreibst im Café? Deine Glückssträhne war zu Ende, und du klappst das Notizbuch zu. Das war das Schlimmste, was dir passieren konnte. Hättest du Ruhe bewahren können? Wäre das besser gewesen, aber ich war nicht gut darin, Ruhe zu bewahren, und sagte: "Du verdammter Hurensohn, was haste denn hier zu suchen?"
"Du brauchst nicht ausfallend werden, nur weil du dich wie ein Exzentriker ausführen willst."
"Halt die Fresse und verzieh dich."
" Das ist ein öffentliches Café. Ich darf hier genauso sein wie du." (…)
" Stell dir vor, du möchtest Schriftsteller sein und spürst das in allen Knochen, und es kommt einfach nichts."

Ein wenig schmunzeln musste ich, als die Gegenstimme ihm vorschlug, Rezensionen zu schreiben, denn da bräuchte er keine Angst mehr zu haben, dass ihm Ideen ausfielen... und er würde immer Leser haben.

Ich schrieb weiter, und allmählich hatte ich Glück und auch noch dieses andere. Stell dir vor, es hat dich einmal fortgerissen wie ein unaufhaltsamer Strom, und plötzlich ist da nichts mehr, und du bist stumm und still.

Und der Dialog geht monologistisch noch weiter. Recht interessant mitzuerleben, wie Hemingway der dunklen Seite in sich eine Stimme leiht.

"... und du bist stumm und still" und ich denke dabei an seinen Tod (Suizid)

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„Es gibt zu viele Erklärer und zu wenige gute Schriftsteller“
         (Ernest Hemingway)

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Donnerstag, 13. Dezember 2012

Ernest Hemingway - Paris / Ein Fest fürs Leben







Klappentext



Als Hemingway 1956 nach Paris zurückkehrte, ließ er sich aus dem Keller des Hotels Ritz seine alten Koffer bringen.
Sie enthielten Tagebücher und Aufzeichnungen aus den Zwanzigern, seiner Zeit als Auslandskorrespondent.
Hemingway nahm sich diese frühen Notizen vor und formte daraus den Roman seiner Pariser Jahre. Für ihn war es eine glückliche, prägende Zeit, als er an der Seine angelte, bescheidene Gewinne beim Pferderennen in Champagner umsetzte, mit Gertrude Stein, James Joyce, Ezra Pound und F. Scott Fitzgerald zusammentraf.
Hemingways letztes Buch führt zu seinen Anfängen zurück: Es ist eine Feier des Lebens und des Schreibens, ein Erinnerungsbuch voll jugendlicher Kraft und melancholischem Humor, das nun, neu übersetzt, erstmals in der vom Autor hinterlassenen Fassung vorliegt.

Autorenportrait im Klappentext

Am 21. Juli 1899 als Sohn eines Arztes in Oak Park/Illinois geboren, verließ vorzeitig die High School und wurde Reporter bei einer Lokalzeitung in Kansas City. 1921 lernte er in Chicago den Dichter Sherwood Anderson kennen, der sein literarischer Lehrmeister wurde. Nachdem er in den 1920er Jahren überwiegend in Paris, später in Florida und auf Kuba lebte, nahm er auf Seiten der Republikaner am Spanischen Bürgerkrieg teil. Kriegsberichterstatter im Zweiten Weltkrieg. 
Seine Reportagen, Kurzgeschichten und Romane verarbeiten meist eigene Erfahrungen und Ereignisse seiner Zeit. 1954 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Hemingway schied nach schwerer Krankheit am 2. Juli 1961 freiwillig aus dem Leben.

Von oder über Hemingway habe ich gelesen:


Der alte Mann und das Meer
Papa Hemingway von A. E. Hotcher

Gestern Abend habe ich ein paar Seiten gelesen und es erinnerte mich selbst an meine Reisen nach Paris, Insgesamt bin ich fünf Mal schon in Paris gewesen. Auch hatte ich viele Gräber von Dichtern und Schriftstellern besucht. Heute zieht es mich nicht mehr dort hin.







Mittwoch, 12. Dezember 2012

Roy Jacobsen / Das Dorf der Wunder (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch erwies sich mir an manchen Stellen als recht hart, aber keineswegs realitätsfern. Es kommt gut durch, dass ein Krieg einen Menschen total entwürdigen kann. Der Mensch im Krieg wird bis zu seiner Seele regelrecht ausgezogen, entblößt.
Der Protagonist dieses Romanes nennt sich Timo, der als Dorftrottel zwar gilt, aber vor nichts zurückschreckt. In Wirklichkeit erweist sich Timo nicht wirklich als einen Trottel, sondern als Held der Geschichte. Er bleibt als einziger in Suomussalmi zurück, lässt sich nicht vertreiben, als die Finnen, 1939, aus ihrem Dorf evakuiert werden, weil die Russen einmarschieren und das ganze Dorf in Brand setzen. Man versuchte Timo mit Gewalt aus dem Dorf zu bringen, doch Timo blieb hart gegenüber eines finnischen Offiziers:


"Die Stadt muss evakuiert werden", sagte er. "Die Russen kommen… vielleicht schon morgen." 
" Das macht mir nichts aus." 
Wieder sah er aus, als stehe er vor etwas, an das er nicht so ganz glauben konnte. Sein Fahrer sprang aus dem Wagen und fing an, mit ihm zu reden, aber an meinem Gehör war noch nie etwas auszusetzen, und der Mann, der mit mir gesprochen hatte und offenbar Offizier war, kam zurück und fragte, ob ich der Dorftrottel sei. Er sagte das ohne einen Anflug der vielen Arten von Aaslächeln, die es so gibt, als habe er mir eine ganz normale Frage gestellt, nach meinem Alter, zum Beispiel, und deshalb antwortete ich einfach, ja, der sei ich wohl, und ich würde hierbleiben, selbst wenn er drohte, mich zu erschießen, denn Suomussalmi würde ich niemals verlassen, es gebe wichtigere Dinge auf dieser Welt als ein schnödes Menschenleben :D.

Timo schreckt auch nicht vor den Russen zurück. Timo ist Holzfäller und zeigte sich in seiner Arbeit immer als recht zuverlässig und pflichtbewusst.

Als das Dorf verlassen und wie leergefegt wirkte, geht Timo durch die Häuser und nimmt sie unter die Lupe und freute sich, dass viele Häuser ordentlich und geputzt von ihren Besitzern zurückgelassen wurden. In einem Haus befand sich sogar ein Brief adressiert an die russischen Soldaten mit dem Hinweis, dass sie das Haus ruhig in Brand stecken können, ohne sich dafür zu schämen, ohne Skrupel zu haben. Um Finnland ein Geschenk zu machen, hätten sie das Haus außerordentlich geputzt. Timo liest diesen Brief und hegt folgende Gedanken:

Ich fragte mich, ob das wohl bedeuten mochte, dass wir diesen Krieg verlieren und als Volk zu Grunde gehen würde. Aber dann kam ich doch zu dem Schluss, dass ein Land mit solchen Müttern und solchen Soldaten einfach nicht verlieren kann, egal, was geschieht, solche Völker überleben, wenn andere das nicht tun; deshalb freute ich mich unsäglich über die Entdeckung, dass noch vier weitere Häuser so frisch geputzt und ordentlich waren, dass in jedem der verlassenen Räume eine Sonne schien.

Als die russischen Soldaten in das Dorf einmarschierten und die meisten Häuser in Brand setzten, das Haus mit dem Brief verschonten sie, und sie plötzlich Timo entdecken, wird es für ihn brenzlig. Die Soldaten wissen nicht, wie sie Timo einzuschätzen haben, und vermuten in ihm einen Verräter und so gerät er mit der russischen Miliz in Konflikt... .

Doch auch hier schlägt sich Timo recht mutig und tapfer, setzt sich durch, indem er sich einigermaßen glaubwürdig macht, und wird dort als Holzfäller eingesetzt mit verschiedenen anderen Gefangenen. Timo entpuppt sich als Gruppenführer. Er versorgt seine Kameraden, darunter befanden sich auch russische Gefangenen, und übernimmt die Verantwortung für deren Leben. In Finnland herrscht gerade sibirische Kälte, und das Militär schonte die Holzfäller nicht. Sie wurden gezwungen, über ihre Kräfte hinaus Holz zu hacken bei Wind und Wetter. Viele Holzhacker erlitten einen seelischen und körperlichen Zusammenbruch und man nannte sie die Schwächlinge. Und Schwächlinge wurden vom Militär schnell aus dem Verkehr gezogen, so versorgte Timo diese mit dem Allernotwendigsten. Nach dem Holzfällen zogen sie sich in das Haus seines Freundes zurück, in dem es auch Verpflegung, Betten u.v.m. Gab. Einige davon waren von dem Krieg dermaßen traumatisiert, dass sie nicht mehr klar denken konnten. Vielfach verlernten sie das zivilisierte Leben, und legten ein recht disoziales Verhalten an den Tag. Die Details bitte selber nachlesen.

Kurz vor Kriegsende stand Timo bei den russischen Offizieren weiterhin unter Beobachtung und einmal hatte man ihm unter Gewaltanwendung erneut kritische Fragen gestellt...

Kurz nach dem Krieg trifft Timo seinen Landsmann Olli wieder, der die gebrochene Nase und gebrochene Wangenknochen registriert und stellt ihn zur Rede, und fragt, ob er Prügel eingesteckt habe? Als Timo das bejahte und ihm auch die Gründe nannte, Verweigerung von Befehlen, fragte Olli, ob er noch etwas anderes erfahren habe außer Prügel und wie er seine Zeit zubrachte?


"Was haste denn sonst gemacht?"
"Ich habe Holz gehackt."
Olli verdreht die Augen."Das Vaterland macht seine schwerste Krise durch, und du hackst Holz, für den Feind?"

Wohl bemerkt, dass Timo mit dem Holzfällen sein Leben gerettet hat. Nicht nur seines, sondern auch das seiner Kameraden, obwohl vielen Kameraden zum Schluss ein schweres Schicksal ereilte. Einer davon, ein Schullehrer, was so schwer traumatisiert, dass er sich das Leben nahm. Ein erwachsendes Brüderpaar, vielleicht jüdischer Abstammung, die nach Norwegen geflüchtet sind und sie von einer norwegischen Familie aufgenommen wurden, doch auch als der Krieg auch in Norwegen tobte, wurde diese Familie denunziert und gemeinsam mit den beiden Brüdern in das Konzentrationslager abgeschoben.

Zum Schluss des Romans, als der Krieg zu Ende war und die Finnen wieder in ihr Dorf zurückgekehrt waren, sahen sie in dem Idioten einen Helden:

"Seht den Idioten. Seht und lernt".

Er hatte den Krieg überlebt, er hatte sich um die Häuser gekümmert, die nicht in Brand gesteckt wurden. Er übernahm Verantwortung für sein Leben und für das Leben vieler anderer. Viele in seiner Gruppe haben den Krieg nicht überlebt, doch andere überlebten ihn nur durch seine Führung, Pflege und Fürsorge.

Timo reflektiert selbst noch einmal sein Leben:

Ich hätte alle Stärke, die ich besaß, aus der Schwäche der Holzfäller geholt, aus der Tatsache, dass sie mich vom ersten Moment mit ihrer Jämmerlichkeit angewidert hatten, denn wenn sie stärker gewesen wären als ich, dann hätte ich den Mut verloren und wäre schwach gewesen, wie der Lehrer Suslow-das sagte ich; es sei ein Vorteil, unter Schwachen stark zu sein, dann bleibt man stark und kann doch dazu auch die anderen stark machen, sicher sei das passiert, ich hätte es jedenfalls nicht allein schaffen können, und so gesehen - das sah ich jetzt ein - waren sie es, die mich gerettet hatten, ebenso sehr, wie ich sie gerettet hatte, und dafür wollte ich Ihnen danken.
Timo, eigentlich der Dorftrottel, entwickelte Fähigkeiten und entpuppte sich als das Wunder des Dorfes und durch ihn erfuhren auch andere das Wunder. Aber nicht nur die Menschen waren das Wunder.,auch das Dorf, das auch nicht untergegangen ist.. .

Interessant fand ich auch die Romanfigur namens Rodeon. Ein inhaftierter russischer Soldat, der von seiner Frau getrennt wurde. Er trug in einem Beutel ständig die roten Schuhe seiner Frau mit sich herum. Die Schuhe machten ihm Hoffnung, die würden ihn wieder zu seiner Frau zurückbringen.

Es ist sehr viel passiert in dem Buch und mir war klar, dass ich solche Zustände nicht aushalten würde. Vieles was dort beschrieben wird ist unfassbar, ist absurd, man erlebt ein Lebewesen, das sich entscheiden muss was er sein möchte. Eine Bestie? Oder doch ein Mensch?

Es stellen sich immer wieder viele Warum-Fragen und beende nun meine Buchbesprechung mit folgendem Zitat:

Man solle sich nicht so viele Gedanken machen, denn die Welt sei nun einmal unbegreiflich und unwirklich, und sie werde nicht die Spur klarer davon, dass man versuchte, sie zu durchschauen.

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„Musik ist eine Weltsprache“
         (Isabel Allende)

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Sonntag, 9. Dezember 2012

Roy Jacobsen / Das Dorf der Wunder


Übersetzt von Gabriele Haefs
Broschur, 240 Seiten
Aufbau Taschenbuch, 9,90 €
978-3-7466-2771-7 


Klappentext



Ein Held der Menschlichkeit
Minus 40 Grad Celsius im Winter 1939, die Sowjetunion überfällt Finnland. Der Holzfäller Timo Vatanen ist der Einzige, der nicht flieht und in aller Seelenruhe auf die heranrückenden Truppen wartet. Bald wird sein Wissen für die Russen unentbehrlich. Denn nur dieser Sonderling weiß, wie man im eisigen finnischen Winter überlebt. Timo wird so zufällig vom unbeholfenen Außenseiter zum Retter. Bald spielen Nationalitäten keine Rolle mehr: ein kleiner Frieden in den Wirren des Krieges.
„Timo, die Hauptfigur, ist mit seinem Gespür für Holz ein Verwandter von Høegs Fräulein Smilla.“ Deutschlandradio.




Autorenportraitnim Klappentext

Roy Jacobsen, geboren 1954 in Oslo, ist einer der meistgelesenen Autoren Norwegens. Mit seinen Kurzgeschichten und zwölf Romanen wurde er weit über die Grenzen seines Landes bekannt. In seiner Heimat wurde er mit zahlreichen Literaturpreisen ausgezeichnet. 

Der Autor ist mir noch unbekannt. Es ist mir zugekommen durch meine Literaturfreundin Anne und ich selbst wurde auf das Buch bei dem Restseller Jokers aufmerksam. Ich benutze das Buch auch in doppelter Form. Einmal dienstlich und einmal privat. Das Buch wird derzeit parallel gelesen. 

John Ronald Reuel Tolkien / Der Hobbit (1)

Eine kurze Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Original zum Film

Nun habe ich beide Bücher gelesen. Beide vom selben Verlag, Klett-Cotta. Der eine Band, enthalten viele schöne Illustrationen, weicht ein wenig vom obigen Buch ab. Mir persönlich gefällt das obige Buch viel besser und denke, dass der Film, der in den nächsten Tagen in den deutschen Kinos anläuft, auch groß herauskommen wird.

Wie aus dem Klappentext hervorgeht, vgl. vorletztes Posting, begeben sich dreizehn Zwerge und ein Hobbit auf eine lange abenteuerliche Reise, damit die Zwerge ihren einst gestohlenen Schatz bei dem Drachen zurückzuerobern. Der Hobbit, Bilbo Beutlin, wird als der Meister der Diebe bezeichnet, von Gandalf den Zauberer auserwählt. Was sich unterwegs so alles an Gefahren auftut, möchte ich nicht verraten aber hier passiert einiges mehr, als in dem anderen Band, wenn sich auch vieles wiederholt.

Überraschend kam mir der Schluss, als der Drachen erlegt wurde... .

Szenen, die mir gut gefielen, waren die verschiedenen Vogelarten, die die Sprache der Hoobits und Zwerge beherrschten. Drossel, ein uralter Rabe mischt auch noch mit, und vor allem die Adler leisten auch ihren Beitrag.

Allerdings hat mich eine Figur am allermeisten beschäftigt  Das elendige existentielle Dasein des Gollums. Eine hässliche Symbolfigur, bekannt aus Herr der Ringe, der ohne den Ring ein noch elendiges Dasein fristet. Eigentlich bringt dem Gollum der Ring nicht unbedingt Vorteile, evtl. Macht, aber Macht gegen wen?. Er ist einsam, besitzt keine Freunde und lebt im Untergrund. Wie kann einer solchen Figur der Ring nur nützen und Freude bereiten? Aber ursprünglich ist der Ring träger des Bösen... Und dass Gollum so hässlich ist, hat mit seiner Selbstsucht zu tun. Er war einst ein schöner, junger Mann und seine Gier verwandelte den jungen Mann in einen hässlichen, gekrümmten Gnom, der es verlernt hat, mit anderen zu kommunizieren und nur noch mit sich selber spricht... .

Ähnlich ist es mit dem Drachen. Der ganze Schatz, der einst den Zwergen  gestohlen wurde, nützt dem Drachen nichts, und dennoch gibt er ihn freiwillig nicht mehr heraus. Auch der Drachen lebt recht einsam und isoliert hoch oben auf einem Berg.

Der Hobbit als Meisterdieb, stehlen steht hier als hohe Tugend, und wer das Buch liest, wird auch die Hintergründe begreifen. Stehlen ist nicht immer schlecht.

Was mir an diesem Buch noch gefallen hat, ist die Weisheit, die hier zum Ausdruck kommt. die Zwerge werden gewarnt:

Wie wollt ihr euch ernähren ohne die Freundschaft und das Wohlwollen eurer Nachbarn? Der Schatz könnte leicht euer Tod sein, auch wenn der Drache ihn nicht mehr behütet.

Thorin ist der Oberste unter den Zwergen, und der würde es zustande bringen, auf dem Schatz sitzen zu bleiben und verhungern, um ihn bloß nicht mit den anderen zu teilen. Die anderen sind Elben, Menschen und andere mehr.

Ich habe gehört, dass Zwerge manchmal in Worten höflicher sind als in Taten. 

Die wahre Größe auf der Reise zeigt Bilbo Beudlin, der sich unfreiwillig dieser Abenteuerreise anschloss und während der ganzen Reise träumte er von seinem gemütlichen Heim. Aber er wuchs an seinen Aufgaben. Die Zwerge dagegen zeigten erst nur wenig Respekt ihm gegenüber... .

Und schöne Elbenmusik, mit Harfe und Trompete... .

Der Schluss hat mir sehr gut getan, denn am Ende zwischen all den Kämpfen und Kriegen siegte die Weisheit.

Ich freue mich auf den Film.

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Musik ist eine Weltsprache“
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Donnerstag, 6. Dezember 2012

John Ronald Reuel Tolkien / Hobbit



Verlag: Klett-Cotta

2012,  384 S.

Deutsch, EUR 14,95

ISBN-10: 3608939776



Nun habe ich mich ganz spontan entschlossen, den kleinen Hobbit ein zweites Mal zu lesen, und zwar die Buchverfilmung. Der Anfang ist sehr ähnlich zu dem Buch unten. 
Mal schauen, ob das so bleiben wird.


Klappentext

Bilbo Beutlin ist ein Hobbit, der sein ruhiges, beschauliches Leben im Auenland genießt. Als aber eines schönen Tages der Zauberer Gandalf und dann auch noch dreizehn Zwerge vor seiner Tür stehen, ist es vorbei mit der Gemütlichkeit. Alle zusammen haben eine abenteuerliche Reise vor sich: SIe wollen einen sagenhaften Schatz zurückerobern, der einst der Drache Smaug an sich gebracht hat. Aber Smaug ist nicht nur riesig  sondern auch fürchterlich gefährlich. ... Und dann gibt es da noch einen geheimnisvollen Ring.



Autorenportrait

John Ronald Reuel Tolkien wurde am 3. Januar 1892 in Bloemfontein (Südafrika) geboren und wuchs in England auf. Von 1925 an war er Professor für englische Philologie in Oxford und erwarb sich schon bald großes Ansehen als einer der angesehensten Philologen weit über die Grenzen Englands hinaus. Seine besondere Vorliebe galt den alten nordischen Sprachen.Seine weltbekannten Bücher »Der Hobbit«, »Der Herr der Ringe«, »Das Silmarillion« haben die Fantasyliteratur entscheidend geprägt und wurden in über 40 Sprachen übersetzt. Millionen von Lesern werden seither von den Ereignissen in Mittelerde in Atem gehalten. J. R. R. Tolkien starb 1973 in Bournemouth.

Nun lege ich mal los und bin dann mal gespannt auf den Unterschied dieser beiden Bücher.





Alexandre Dumas / der Graf von Monte Christo (1)

Eine kurze Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich bin von dem Buch ein wenig enttäuscht, da mir die Charaktere der Figuren ein wenig zu schwach dargestellt worden sind. Vor allem der Protagonist Edmond Dantés wirkte nicht wirklich wie ein Rächer, dazu waren seine Charaktereanteile zu wenig aggressiv und eher moralisch eingestellt.

Anfangs hat  mir das Buch recht gut gefallen, erinnerte mich ein wenig an Charles Dickens Ambiente und Düsternis . Auch ging es viel um wahre Freundschaften. Morell, der Eigentümer und Chef des Schiffes Pharao, der viel von Dantés hielt, und ihn mit neunzehn Jahren als Kapitän zu befördern beabsichtigte. Dantés, ein Seemann, ein recht sensibler junger Mann, der über einen angeborenen konstruktiven und empathischen Führungsstil verfügt, kann leider seinen Dienst als Kapitän nicht antreten, da er durch die Arglist seiner Kontrahenten wegen böser politischer Verleumdungen eingekerkert wurde. Morell, der fest an seine Unschuld glaubte, versuchte sich bei der Justiz für ihn einzusetzen.. Zudem noch viele private Intrigen, um die Vermählung mit der Verlobten zwischen Dantés und Mercedes zu verhindern.
Und mir gefiel die spätere Freundschaft zwischen Dantés und dem italienischen Gelehrten im Kerker... .

Als Dantés die Flucht aus dem Kerker geglückt ist, fünfzehn Jahre später, und den großen Schatz auf der Insel Monte Christo des im Knast verstorben Gelehrten erobert hat, der Gelehrte vermachte ihm den Schatz, zieht Dantés als freier Mann wieder hinaus in die Welt mit verschiedenen Masken, um sich an seine Feinde  zu rächen, die ihn in den Knast gebracht hatten. Die Justiz überprüfte damals den Fall nicht, demnach wurde  Dantés nicht vor das französische Tribunal gestellt. Bis hierhin fand ich das Buch noch interessant, ein wenig später fing es an, für mich langweilig zu werden und der Inhalt wenig authentisch mit dem Klappentext sich erwies. Das hatte mich stutzig gemacht und habe ein wenig recherchiert und stellte fest, dass der Klappentext mit dem Klappentext vom dtv Verlag identisch ist. Im Buch steht auch nicht einmal der Namen des Übersetzers.

Ein Übersetzer, der nicht einmal einen eigenen Klappentext zustande bringt... .

Ich empfehle eher die ein wenig teurere Ausgabe, dtv oder Insel-Verlag. Anaconda ist ein Billigverlag und aus meiner Erfahrung merkt man ihm die mangelnde Qualität an, was mich mit anderen Bänden ähnlich unzufrieden gestimmt hatte.
Aus meiner Sicht ist es dem Übersetzer nicht gelungen, die Charaktere wiederzugeben, die zu ihren Rollen auch hätten passen müssen.
Auch liest es sich recht rassistisch, viele Nationalitäten werden in ihrer Art festgelegt, während die Franzosen eher als Welt- und Edelmännder hervorgehen. Spanier, Italiener und Araber werde in ihrem Dasein festgenagelt; banditisch, unehrlich, nicht entwicklungsfähig... . Dass die französische Justiz selber Dreck am stecken hat und zudem bestechlich ist, kommt in dem Buch nicht gut heraus.

Ich habe mir nun die DVD besorgt, die eine Filmlänge von 394 Min. hat, die in vier Teilen auf zwei Platten abgespeichert sind. Die Hauptrollen werden gespielt von Gérard Dépardieu und Ornella Muti.

Der Film entspricht eigentlich genau das, was auch auf dem Klappentext des Buches steht und er hat mich nun auch entschädigt.

Man weiß ja nicht, wie kompetent einE ÜbersetzerIn in der Fremdsprache tatsächlich ist und mit welcher Brille er oder sie das Buch gelesen und interpretiert hat. Ich habe von Anaconda noch andere Klassiker gelesen, zum Beispiel Werke von Mark Twain, die auf mich auch recht rassistisch wirkten gegenüber Sklaven und schwarze Menschen.

Es kommt selten vor, dass mir eine Buchverfilmung besser als das Buch selbst gefallen hat.

Bücher aus dem Verlag Anaconda werde ich mir keine mehr kaufen.

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„Musik ist eine Weltsprache“
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Freitag, 30. November 2012

Alexandre Dumas / Der Graf von Monte Christo



Verlag: Anaconda

    2008,  937 S.

Seitenzahl: 937

  ISBN-10: 3866472927



Klappentext

Mit erst neunzehn Jahren steht der französische Seemann Edmond Dantes vor dem Abgrund: Zwei schurkische Freunde haben ihn seiner Geliebten und seiner Zukunft beraubt, boshafte Intrigen haben ihn ins Gefängnis gebracht. Nach vierzehn schmachvollen Jahren jedoch gelingt ihm die Flucht aus seinem düsteren Kerker. Als begüterter Graf von Monte Christo kehrt er ins Leben zurück und bewegt sich fortan in den höheren Kreisen der Pariser Gesellschaft - beseelt nur von einem Gedanken: Rache. Nun ist er derjenige, der die Fäden zieht, um seinen Peinigern das Handwerk zu legen... 


Autorenportrait

Alexandre Dumas der Ältere wurde im Jahr 1802 als Alexandre Dary de la Pailleterie in Villars-Cotterets bei Soissons als Sohn eines napoleonischen Generals geboren. Früh verwaist und arm, doch von seinen Talenten überzeugt, blickt er nach Paris, um dort sein Glück zu versuchen. Der kleine Notariatsschreiber will zum Theater. Die Stücke, die er zunächst schreibt, sind heute vergessen. Doch zwanzig Jahre später, 1844, ist er der König des literarischen Feuilletons. Alexandre Dumas starb 1870 in Puys (Dieppe).

Wird mal wieder Zeit für einen Klassiker. Durch ein anderes Buch, weiß nicht mehr welches, habe ich Lust bekommen, dieses Buch mir anzuschaffen, um es zu lesen.
Die ersten fünfzig Seiten haben mich neugierig auf mehr gemacht. Es ist zwar ein recht dickes Buch, dafür habe ich eine Woche Urlaub und kann mich ganz auf die Lektüre einlassen.





Dienstag, 27. November 2012

Henning Klüver / Gebrauchsanweisung Italien (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Eigentlich wollte ich mir abgewöhnen, Ratgeber zu Reiseländer dieser Art zu lesen. Denn sie fallen für mich oft recht enttäuschend aus und manchmal denke ich, die AutorInnen schreiben das, was andere nur hören möchten. Das vorletzte Reisebuch hatte ich zu China gelesen, das musste ich ebenso abbrechen, weil die Menschen sowohl hier in Deutschland als dort in China alle in Schubladen gesteckt wurden. Jede Menge Klischees... Das Buch hieß: Wie die Chinesen uns Deutschen sehen.
So auch in diesem Buch. Der Italiener, der wieder als Macho beschrieben wird, die Italiener, die nicht ehrgeizig genug ihrer Arbeit nachgehen, der Italiener als Betrüger und Ganove... . Manchmal ziemlich direkt und oft auch nur angedeutet.  Wenn mal in einem Satz etwas Positives erwähnt wurde, so wurde es im Nebensatz wieder relativiert. Zitate spare ich mir...  Kann man selber nachlesen und sich nach dem Lesen selbst fragen kann, welches Italienbild man nun durch das Buch erhalten habe? Ich habe jedenfalls nicht sehr viel Neues erfahren. Die Grundstruktur des Italieners ist zumindest erhalten geblieben.

Ich denke, dass gerade solche Berichte für Vorurteile sorgen und sie diese in die Gesellschaft weiterverbreiten und festigen.

Als Kind sind wir mit meinen Eltern jeden Sommer nach Italien gereist, in deren Heimatort, in einem Bauerndorf, immer sechs Wochen lang, und ich in Erinnerung behalten habe, dass die Menschen dort sehr schwer auf dem Feld gearbeitet haben, selbst meine Großeltern gehörten dazu. Ähnlich wie bei den isländischen Frauen aus der letzten Lektüre, s. Kristin Marja Baldörstritt Die Eismalerin. 
Kinder, die im zweiten Weltkrieg geboren wurden, wurden frühzeitig aus der Schule rausgenommen, weil sie den Eltern auf dem Gutshof helfen mussten. Sie wurden nicht zum Stehlen geschickt, sondern zum Arbeiten aus den Schulen gerufen. Viele begabte Kinder befanden sich darunter, die ihre Schulzeit wegen der Armut nicht beenden konnten.

Niemand schreibt darüber, über ehrliche ItalienerInnen,  die sich aus eigener Kraft aus der Not gehoben haben. Ohne finanzielle Unterstützung vom Amt... Und ohne Betrügereien. Und weil niemand darüber geschrieben hat, tue ich es jetzt.

Auch sind wir nie bestohlen worden und wurden immer herzlich und großzügig empfangen von den dort lebenden und hart arbeitenden Nachbarn. Nochmals gefragt,, warum niemand über diese hart arbeitenden Italienischen Menschen schreibt? Warum tauchen sie in keine Bücher auf, die von anderen Nationen über das Land schreiben? Ich würde es gerne tun, nur leider fehlt es mir an schriftstellerischem Talent, versuche mich hier im Blog auszulassen...

Der Autor schreibt über die Pünktlichkeit der öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Züge wären recht pünktlich angefahren, wenn er auf den Zug angewiesen war, doch im Nebensatz relativiert er es wieder, dass die Pünktlichkeit auch Zufall hätte sein können, und er einfach nur Glück hatte..
Wie sieht es denn bei uns aus? Hochmoderne Züge, regelmäßige Verspätungen der DB und der öffentlichen Verkehrsmitteln im Stadtverkehr.

Ich selbst möchte in solch einem Land wie Italien niemals leben, auch wenn die Menschen uns gegenüber sehr wohlwollend eingestellt waren. Trotzdem möchte ich nicht dort leben, zum Teil auch, weil ich eine deutsche Identität entwickelt habe und auch Deutsche bin, und auch, weil die Regierung größtenteils schmutzig, korrupt und kriminell ist. Man muss in solch einem System wie Italien reinwachsen, wer das nicht ist, bekommt größenteils Probleme, sich dort heimisch zu fühlen. Eine Regierung, die schon seit der Gründung Italiens mafiose Strukturen entwickelt hat, eine Regierung, die sich keineswegs um seine Landsleute kümmert, weder im sozialen Bereich noch was die Arbeitsplatzbeschaffung betrifft. Eine Regierung, obwohl Italien ein recht reiches Land ist, treibt ihre Landsleute in die Nöte, in die Armut, in die Kriminalität, während sie in die eigene Tasche wirtschaftet- Was bleibt einem Menschen, der nichts zum Essen hat, als kriminell zu werden, wenn dieser zu den ärmsten von den Armen zählt und nirgends im Land Arbeit findet? Ich habe noch nie gehört, dass ein vermögender Mensch stehlen geht, mit Ausnahme der Kleptomanen, die sind aber hier nicht gemeint. Das Volk ist schon so oft von der Regierung  enttäuscht worden, dass es ihr gegenüber ein großes Misstrauen entwickelt hat, und die Menschen sich über die Familie einen Zusammenhalt schaffen und sie sich aus der Not heraus zu Anarchisten entwickelt haben. Sie sorgen für sich selbst, und missachten auf ihre Weise die Gesetze, da die Gesetze auch die Menschen missachtet...

Was ist mit den vielen italienischen Auswanderen, die in der Schweiz beim Tunnelbau hart arbeitend ihr Leben gelassen haben? Sie haben die Arbeit getan, zu denen sich die Schweizer zu fein waren... . Ähnlich in anderen europäischen Ländern, die Arbeitsmigranten geworben hatten.

Der Durchschnitt der Menschen sind ganz gewöhnliche Ottonormalverbraucher wie in jedem anderen Land auch. Sie laufen nicht mit Messer und Pistolen herum. Wie schon gesagt, hart arbeitende und ehrliche Menschen gibt es auch in Italien und es ist schade, dass Autoren, die über Italien schreiben, das Land mit ihrer Brille sehen, mit ihren Maßstäben und mit ihren Vergleichen... .  ItalienerInnen sind LebenskünstlerInnen, die auch ohne eine Regierung zu leben fähig sind... . Man kann ein Land nur mit sich selbst vergleichen, niemals mit einem anderen Land, sonst wird man dem Land niemals gerecht werden können.

Es gibt auch dort Dichter und Denker. Es gibt auch dort Wissenschaftler, wie überall auf der Welt auch, es sind ja nicht alle nur Pizzabäcker... .

Was mich noch stutzig gestimmt hat, ist, dass, als etwas über die Geschichte geschrieben wurde, Mittelalter, Renaissance und später, dass die Gelehrten überwiegend männlich wären, es gab wohl auch Frauen, aber der Autor erwähnte nur eine, diese aber in der Minderzahl seien.

 Andere europäische Länder waren und sind es auch noch, patriarchalisch geprägt, und der Autor soll nicht so tun, als hätten es die Frauen in anderen Ländern leichter gehabt. Bis in den 1970er Jahren hatte die Frau in Deutschland  z.B. gar nichts zu melden, die Gesetze wurden den Männern zugeschrieben. Die Frau musste sich z.B. die Erlaubnis bei ihrem Ehegatten einholen, wenn sie berufstätig sein wollte. Der Mann hatte auch das Recht, über seine Frau nach Belieben sexuell zu verfügen. Vergewaltigung in der Ehe wurde nicht als ein sexuelles Vergehen angesehen.

In meiner Geburtsurkunde steht, dass meine Mutter bei ihrem Gatten wohnhaft sei. Bin 1963 in Darmstadt geboren.

Tun wir doch nicht so, als würden die Männer hier bei uns in Deutschland Hausarbeiten verrichten; Putzen und Kochen, Kindererziehung, noch immer bleiben diese Beschäftigungen im Durchschnitt an den Frauen hängen... . Frauen, die berufstätig sind, sind durch Familie doppelt belastet. Nicht anders ist es in Italien auch.

Das Wahlrecht für Frauen in Italien ist sicher später als in Deutschland eingeführt worden, erst 1946, in Deutschland 1918, aber 1946 erwarben, wie in Italien auch, Frauen in Frankreich und in Belgien das Wahlrecht.
In der Schweiz erhielten die Frauen erst 1971 das Wahlrecht. Der Autor soll also nicht so tun, als wären die Italiener alleine so rückständig, wenn man überhaupt von Rückständigkeit sprechen kann.

Eine Kollegin von mir erzählte erst kürzlich von ihren Urlaubserlebnissen in Italien. Sie wäre sehr positiv überrascht gewesen über die ItalinerInnen. Sie hatte vom Hören und Sagen bisher ein recht destruktives Bild gehabt, das sie nun revidiert hat. Aber sobald sie eine schlechte Erfahrung mit einem Menschen dieses Landes machen wird, so werden wieder alle als "böse" deklariert.

Kein Mensch kommt als Deutscher, Grieche, Italiener etc. zur Welt, der Mensch wird zum Deutschen, Griechen, Italiener etc. einfach gemacht, durch Erziehung und durch Kultur der jeweiligen Länder. LeserInnen, die sich ausschließlich an solche Ratgeber halten und sie diese nicht kritisch lesen, sondern nur bestätigt bekommen, was sie eh schon denken, gehen mit einer gewissen Erwartungshaltung, wenn sie einen Menschen einer anderen Nation begegnen, heran. Man wird in eine Schublade gepresst, und kommt nie wieder  heraus... . Z. B. viele italienische Männer, die keine Machos sind, werden wie Machos behandelt... . Man nimmt sich nicht die Zeit, Menschen kennenzulernen, sondern verfügen über Schubladen... .Niemand interessiert sich nach der wahren Identität des anderen. Und dabei wissen wir durch Hitler, der versucht hatte, den Arier anhand des Blutes zu beweisen aber daran gescheitert ist, dass eine Nationalität nicht genetisch vorbestimmt und festgelegt ist. Ein schwarzer Säugling, der von einer österreichischen Familie adoptiert wird, lernt nicht automatisch die Sprache seiner leiblichen Eltern. Es lernt österreichisch,  während die Sprache der leiblichen Eltern ihm fremd bleibt, solange er damit nicht in Berührung kommt.
Es gibt ja nur vier Blutgruppen, aber mehr als vier Nationalitäten... .

Tun wir also nicht so, als käme ein italienischer Mensch als ItalienerIn auf die Welt, und ein deutscher Mensch als Deutscher...

So, und ab sofort lese ich keine Ratgeber dieser Art mehr! Lieber trete ich ins Fettnäpfchen und mache selbst die Erfahrung mit den Leuten aus den Ländern, die ich bereise!

Nachtrag vom 29.11.2012 Mir ist gestern meine Geldbörse gestohlen worden. Das zweite Mal innerhalb von 1,5 Jahren. Lt. Polizeiangaben wären die Taschendiebe richtige Profis, und bezeichnete diesen Diebstahl nicht als einen Einzelfall. Insgesamt wurden mir in Darmstadt  mehrere Fahrräder gestohlen, trotz teurer Fahrradschlösser.

Reifen von geparkten Autos wurden schon gestohlen und in vielen Villen und in Eigentumswohnungen sogar eingebrochen.

Und nun stellt sich mir die Frage, warum diese Delikte nicht in dem Reiseführer zu Darmstadt und zu anderen großen Städten Deutschlands stehen?

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„Musik ist eine Weltsprache“
         (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2012: 85
Gelesene Bücher 2011: 86