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Mittwoch, 31. Oktober 2012

Philippe Pozzo Di Borgo / Ziemlich beste Freunde (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Nun ja, das Buch habe ich nun durch aber so richtig gefallen hat es mir nicht. Vom literarischen Anspruch her gehört es meiner Meinung nach nicht zur höheren Literatur. Was das Menschenschicksal betrifft, so kann man es bedauern, und dies nicht nur für den Rollstuhlfahrer, der einen schweren Unfall erlitt, sondern auch für seine Frau, die fast zeitgleich an Blutkrebs erkrankte und sie nach fünfzehn Jahren ihrer Krankheit erlag. 

Trotzdem kann ich das Buch weiter empfehlen, denn dass ich so hohe literarische Ansprüche habe, soll nicht die Schuld des Autors sein. Aber ob ich den Erweiterungsband, erzählt aus der Sicht des Pflegers, noch lesen möchte, das muss ich mir noch überlegen. 

 Der Pfleger ist kein richtiger Pfleger, sondern jemand, der dem behinderten Menschen Philippe Pozzo etwas aushilft. Er ist ein Schwarzer, der in Algerien beheimatet ist, aber in Paris lebt. Die Rede ist von Abdel Sellou. Abdel hatte sich wie viele andere auf die Stellenanzeige beworben, und er hatte die Stelle auch bekommen, obwohl er über keinerlei Kenntnisse aus der Pflege verfügte, er aber seinen Charme hat spielen lassen, was für den kranken Patienten, sein zukünftiger Chef, ausschlaggebend war, obwohl es kulturelle Unterschiede gab, die Abdel deutlich zu zeigen gibt. Doch dazu später mehr. 

Philippe Pozzo, Gleitschirmflieger, ist mit seinem Fluggerät unglücklich gestürzt, dass er davon querschnittsgelähmt wurde und es kommen eine Reihe von Problemen auf ihn zu, mit denen er fertig werden musste. Er konnte sich nicht mehr um seine krebskranke Frau kümmern. Auch die beiden adoptierten Kinder mussten untergebracht werden, wenn die Mutter Beatrice wieder Schübe hatte... . Sowohl Philippe, als auch seine Frau unterstützten sich gegenseitig so gut es ging. Wenn man so etwas liest, diese vielen Schicksale in einer einzigen Familie, so nimmt man irgendwie vieles im Leben nicht mehr so ernst... . Auch Philippe musste lernen, über sich zu stehen und Humor zu entwickeln, wenn er psychisch überleben wollte, bis er Abdel kennenlernte:
Abdel ist der erste, der sich auf meine Anzeige beim Arbeitsamt hin vorstellte. Es sind 90 Bewerber, darunter ein einziger Franzose; ich gehe nach dem Ausschlussprinzip vor, und am Ende bleiben nur noch Abdel und der Franzose übrig. Jeder bekommt eine Woche Probezeit. Ich spüre bei Abdel eine Persönlichkeit, eine situative Intelligenz und etwas fast Mütterliches. Außerdem kann er gut kochen, auch wenn er hinterher nie aufräumt.Der Franzose macht den Fehler, mir zu sagen, wenn man einen Moslem in sein Haus lasse, könne man auch gleich dem Teufel die Tür öffnen. Daraufhin stelle ich Abdel unverzüglich ein.
Abdel ist eine recht ungewöhnliche Persönlichkeit mit vielen Widersprüchen. Aber es gelang ihm, auf die Bedürfnisse Philipps einzugehen. Und er brachte ihm eine große Portion Humor entgegen:
Er ist unerträglich, eitel, stolz, brutal, unzuverlässig, menschlich. Ohne ihn wäre ich zugrunde gegangen. Abdel hat mich pausenlos gepflegt, wie ein Säugling. Er hat auf jedes noch so kleine Zeichen von mir geachtet, während jeder einzelnen meiner Ohnmacht war er zur Stelle, er hat mich befreit, wenn ich gefangen war, beschützt, wenn ich wach war. Er hat mich zum Lachen gebracht, wenn ich nicht mehr konnte. Er ist mein Schutzteufel.
Philippe empfand große Schuldgefühle, auch gegenüber seiner Frau und seinen beiden Adoptivkindern, klagte sich an, dass er Gleitschirm geflogen sei, was seine Krise noch weiter verstärkte, und ihm öfter fast der Lebenswille versagte. 
Schuldgefühle stellten sich ein. Sie sind unnütz und lassen einen doch nie mehr los. Hätte ich diesen Tag des 23. Juni vermeiden können, dann hätte Beatrice nicht soviel Kraft lassen, die Kinder hätten nicht diesen Schock erleben müssen, meine Tochter wäre nicht so zerrissen und mein Sohn nicht so verstört. Sie mussten sich derart anstrengen, damit ich nicht aufgebe! Es war zu viel für ihr Alter, es ging über ihre Kräfte. Für mich begann an diesem 23. Juni meine Gegenwart.
Ich habe diese Familie sehr bewundert, der Zusammenhalt und die Liebe, die hier zum Tragen kam.

Philippe Pozzo musste lernen, seine alten Werte aufzugeben und neue zu gewinnen:
Jenseits der Worte, jenseits der Stille entdeckt man die eigene Menschlichkeit.
Der Körper, den man bisher vergöttert hat, verblasst allmählich zu Gunsten eines erneuerten Geistes, einer vertieften Spiritualität. Eine Kehrtwendung des Herzens.
Auf dem Grunde seines Herzens, in der Innerlichkeit, im eigenen Mysterium entdeckt man den anderen.
Der glatte, geschniegelte Privilegierte, der ich einmal war und der heute gekreuzigt auf seinem Bett liegt, malt sich ein Miteinander zwischen einer aufrecht stehenden und einer liegenden Menschheit aus. Das universelle Kreuz als Ausgangspunkt einer neuen Welt.
Schade, dass einem solche Erkenntnisse meistens erst in der Not kommen. 

Zwischen Philippe und Abdel gibt es oft kulturelle Meinungsverschiedenheiten, speziell was der Umgang mit Frauen betrifft, worüber ich über folgende Textstelle schmunzeln musste:
"Abdel, Frauen muss man respektieren ".
" Respektieren? Sagen wir mal so, es ist nicht an uns, sie zu respektieren, sondern an ihnen, sich Respekt zu verschaffen."
"(…)Abdel, Frauen sichern das Überleben der Menschheit."
Sympathisch fand ich allerdings, dass Philippe Abdel nicht verurteilt hatte, sondern er durchaus in der Lage war, ihm auch seine positiven Seiten abzugewinnen, und ihn als Mensch akzeptierte. 

Ich komme nun zum Abschluss meiner Aufzeichnungen, habe die für mich schönen Textstellen herausgeschrieben, und so beende 
ich nun meine Buchbesprechung mit einem Gebet, das Philippe gelernt hatte zu beten, das ein so ziemlich bekanntes und in der Gesellschaft der westlichen Welt sogar ein weit verbreitetes Gebet ist:
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.
_____________________________

 „Musik ist eine Weltsprache“
            (Isabel Allende)

Gelesene Bücher 2012: 78
Gelesene Bücher 2011: 86

Montag, 29. Oktober 2012

Philippe Pozzo Di Borgo / Ziemlich beste Freunde



  • Gebundene Ausgabe
  • Verlag: Hanser Berlin; Auflage: 15 (16. März 2012)
  • 350 Seiten, 14,90 €
  • ISBN-10: 3446240446


Klappentext

Der bewegende Roman von Philippe Pozzo di Borgo, Ziemlich beste Freunde, handelt von zwei Männern, die unterschiedlicher kaum sein könnten: dem nach einem Fallschirmsprung querschnittsgelähmten Geschäftsführer der Firma Champagnes Pommery, Philippe Pozzo di Borgo, und dem Ex-Sträfling Abdel Yasmin Sellou.
Sellou bewirbt sich bei Pozzo di Borgo als Intensivpfleger, um eine Unterschrift für das Sozialamt zu bekommen – und wird engagiert. Die lebensfrohe, mitleidslose Art des Ex-Sträflings gefällt dem Querschnittsgelähmten, der durch seinen Pfleger neue Lebensfreude gewinnt. Die beiden gehen zusammen durch dick und dünn – und erleben lustige wie auch dramatische Ereignisse. Eine Geschichte, die als kitschig bezeichnet werden könnte, wenn sie nicht das Leben selbst geschrieben hätte.

Das Buch steht schon lange auf meiner Liste, habe es aber immer wieder aufgeschoben, doch jetzt, heute habe ich es mir feste vorgenommen. Empfohlen wurde mir das Buch von einer Literaturfreundin B. Q.
Wer ist Philippe Pozzo Di Borno? Ich konnte nirgends ein Autorenportrait ausfindig machen, weder im Klappentext noch online. Ich gehe mal davon aus, dass der Autor keine weiteren Bücher verfassen, und es bei diesem einen Roman bleiben wird... .

Es gibt noch eine Erweiterung zu diesem Buch und zwar aus der Sicht des Pflegers geschrieben. Auch dieser Band liegt nun endlich auf meiner momentanen SuB-Liste.