Samstag, 25. Juni 2016

Volker Hagedorn / Bachs Welt (1)

Die Familiengeschichte eines Genies

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Ich fand es sehr interessant, auf den Spuren der Bachschen Familie zu wandeln, die im Stammbaum sehr verzweigt ist. Der Musikjournalist Hagedorn geht den Anfängen nach. Man nimmt am Leben von Veit Bach teil, 1581-1626, der sich mit seinen beiden Söhnen Hans und Caspar wegen der lutherischen Gegenreformation auf der Flucht befindet. Veit war von Beruf Bäckermeister.
 Sie flohen von Ungarn (Pressburg) nach Deutschland (Thüringen). Das fand ich schon mal eine sehr interessante Information. In ihrem Gepäck befanden sich jede Menge Musikinstrumente.

Die Familie hat sich in Wechmar, nahe bei Gotha, schließlich niedergelassen. Veit war zu dieser Zeit Witwer.

Veit Bach soll der Ururgroßvater von Johann Sebastian Bach gewesen sein.

Ich habe mal im Netz recherchiert, und ich komme zu unterschiedlichen Ergebnissen. Aus diesem Grund weiß ich nicht, wie nah Hagedorns Recherchen zu Bachs Stammbaum tatsächlich sind. Was wurde überliefert und was entspringt Hagedorns Fantasien, um Lücken schließen zu können, damit wir LeserInnen mit dieser langen Familienchronik versorgt sind?

Wer es genau wissen möchte, der müsste weitere Biografien nach der von Hagedorn hinzuziehen. Ich denke, dass ich das selbst auch tun werde. Ich bin ein wenig verunsichert, weil ich nicht weiß, was ich glauben soll und was nicht. Es gibt Informationen, die besagen, dass Hans Bach nicht der Sohn, sondern der Bruder von Veit ist. Die Söhne heißen ganz anders als in diesem Buch beschrieben. Aber Hagedorn selbst stellt sich die Frage, von welchem Veit die Rede ist, der nicht übereinstimmen würde mit den Informationen aus der Johann-Sebastian-Bach-Biografie.

Der Stammbaum ist dermaßen groß, dass man schon gar nicht mehr von einer Bachfamilie sprechen kann, sondern eher von einer Bach-Dynastie. Ich fand höchst interessant, dass alle Familienmitglieder musisch begabt waren. Die Musik begann bei den Veits Wurzeln zu schlagen, die niemals abgerissen wurden, sondern weiterreichten bis in die letzten Generationen dieses Stammbaums …

Der Stammbaum hört bei Johann Sebastian Bach auf. Seine Kinder befinden sich  nicht mehr darauf.

Des Weiteren wandelt man als LeserIn durch grassierende Pestepidemien, man nimmt an der hohen Kindersterblichkeit teil, darunter befanden sich auch Bachkinder, und der dreißigjährige Krieg raffte viele Menschen hinweg.

Interessant fand ich auch Bachs Familie näherer Herkunft. Sein Vater, Johann Ambrosius Bach (1645-1695), hatte einen Zwillingsbruder namens Johann Christoph, der zwei Jahre früher starb als er selbst.

Johann Ambrosius und seine Frau Maria Elisabetha brachten sieben Kinder zur Welt. Johann Sebastian war der Jüngste unter seinen Geschwistern. Die Kinder bekamen alle einen Doppelnamen. Die Jungen hießen mit dem Erstnamen alle Johann, ein Mädchen hieß Johanna, ausschließlich das Mädchen Maria Salome fiel aus dieser Namensstatistik raus.

Das Schlusskapitel, Die Odyssee, fand ich sehr lesenswert und beschreibt, wie das Altbachische Archiv entstand und wie es durch eine Katastrophe Gefahr lief, verloren zu gehen …


Mein Fazit?

Bevor ich mit dem Buch begonnen hatte zu lesen, ging ich mit ein paar Fragen dran, doch es konnten nicht alle Fragen geklärt werden, im Gegenteil, es stellten sich mir jede Menge neue Fragen.

Deshalb bin ich nun bestrebt, mir weitere Bach-Biografien anzulegen, damit ich besser vergleichen kann, was andere Musikjournalisten über diese Bach-Dynastie herausgefunden haben.

Des Weiteren würde ich gerne dort weiterlesen, wo der retrospektive Hagedorn aufgehört hat. Die nächste Familienchronik sollte dann aber bei Johann Sebastian Bach beginnen. Am besten wäre es dann wohl, mit der Autobiografie von ihm zu beginnen, auch weil ich mich für die weiteren Familienmitglieder interessiere und möchte wissen, wie weit die Chronik nach vorne reicht.

Ich finde schon, dass Hagedorn gut recherchiert hat, aber manches schien mir aus der Luft gegriffen zu sein. Auch die Erzählperspektiven fand ich manchmal nicht wirklich passend.

Das Buch erhält von mir neun von zehn Punkten.


Weitere Informationen zu dem Buch

Ich möchte mich recht herzlich für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar beim Rowohlt-Bücherverlag bedanken.

Gebundene Ausgabe: 416 Seiten, 24,95 €
Verlag: Rowohlt; Auflage: Originalausgabe (22. April 2016)
Sprache: Deutsch
ISBN-10: 3498028170
ISBN-13: 978-3498028176

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Gelesene Bücher 2016: 37
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2 Kommentare:

Anne hat gesagt…

Hallo Mira, ich komme leider erst heute dazu: Die gesamte Bach-Dynastie, oh man. Wenn, dann würde mich eher Johann Sebastian Bachs engeres Umfeld interessieren. Höchstens bis zu den Großeltern zurück.
Ich bin aber gespannt, was Du Dir noch für Literatur zu dieser Familie suchst.

Liebe Grüße
Anne

Mirella Pagnozzi hat gesagt…

Hallo, liebe Anne, das geht nicht nur dir so. Habe von einigen anderen gehört, die nicht hier im Netz sind, dass ihnen das zu viel wäre, einen Familienstammbaum zu lesen, der so weit zurück reicht. Interessant, dass du das auch so siehst. Als ich das Buch vorgestellt habe, Klappentext und Autorenporträt, hatte ich nicht so viel Resonanz. Ist nicht so sehr auf Interesse gestoßen. Mittlerweile denke ich, das Buch ist ein Muss für alle MusikwissenschaftlerInnen und alle BachfreundInnen. Ich bin weder das Eine noch das Andere, ich war einfach interessiert als jemand, die Musik liebt.

Danke für deine Eindrücke zu dem Buch.

Liebe Grüße
Mirella