Montag, 26. Mai 2014

Andrea De Carlo / Als Durante kam (1)

Eine Buchbesprechung zur o. g. Lektüre

Das Buch habe ich durch und bin noch immer ungehalten. Kann mich nicht entscheiden zwischen gutes und weniger gutes Buch. Dann entscheide ich mich für die Mitte. Ein mittelmäßiges Buch.

Der Roman spielt in Mittelitalien. Pietro ist der Icherzähler und die Hauptfigur der Handlungen. Er ist zusammen mit seiner österreichischen Freundin Astrid von Beruf Weber. Sie leben ländlich und sind selbstständig. Die Beziehung besteht schon seit über sieben Jahren.
Sie genießen es einerseits, beruflich für sich zu sein, doch es kommt auch mal vor, dass sie unter einem enormen Druck stehen, immer rechtzeitig Aufträge reinzubekommen. Manchmal sind sie so knapp bei Kasse, dass es nicht einmal für die Lebenshaltungskosten reicht.
Eines Tages erscheint wie aus dem Nichts ein Pferdetrainer, Anfang vierzig, namens Durante, gibt an, Medizin studiert zu haben und stellt das Leben nicht nur der beiden WeberInnen auf den Kopf.



Zur Erinnerung gebe ich noch einmal den Klappentext rein:
Als Durante ins Val di Poggio kommt, verändert sich alles. Denn er sagt, was er denkt, und er tut, was er sagt. Faszinierend, finden die Frauen. Irritierend, finden die Männer. Pietro und Astrid leben in den Hügeln östlich des Apennins, weben Stoffe von Hand und verkaufen sie an Privatkunden oder kleine Geschäfte. Ein einfaches, gutes Leben – das ist es, was sie schon immer wollten und nun seit einigen Jahren führen. Ganz allein sind sie nicht in der Gegend: Das Val di Poggio ist ein zeitgeistiger Mikrokosmos – manch einer ist hierher gezogen, um einen Hof zu restaurieren, ein kleines Hotel mit Reitstall zu betreiben oder um naturnah zu leben. An einem heißen Nachmittag im Mai erscheint ein Fremder vor dem Haus von Pietro und Astrid. Seltsam: Der Hund, der sonst immer bellt, lässt sich streicheln. Astrid ist fasziniert, Pietro irritiert. Durante fragt die beiden bloß nach dem Weg zu einem Hof. Doch das allein reicht, um das Paar zutiefst zu verstören. Wie schon in ›Zwei von zwei‹ prallen in diesem Roman unterschiedliche Welten und Vorstellungen aufeinander. Wobei gerade dadurch auch wundersame Freundschaften entstehen.
Durante ist eine Persönlichkeit, die mit seinem Charisma fast alle Menschen und Tiere zu verzaubern vermag, und niemand weiß, wie er das macht. Besonders Frauen gehen ganz in ihm auf. Auch Astrid und deren Schwester Ingrid. Ingrid befindet sich auf Besuch.

Seit Durante bei Astrid und Pietro aufgetaucht ist, geraten die beiden permanent aneinander. Astrid, die, so scheint es, Durante verehrt, ohne ihn zu kennen, und Pietro, der ihm misstraut, gibt es ständig Zank wegen dieses Typens. Stimmt die Beziehung zwischen den beiden schon lange nicht mehr? War es Durante, der ihnen dies unbewusst widerspiegelte?
Mir waren diese vielen Streitereien der beiden ein wenig lästig. Nicht, weil diese nicht sein dürfen, sondern weil es dann ab einem gewissen Grad einfach anstrengend wird, weiter zu lesen. Aber die gehoffte Wende kam ja dann doch noch...

Als schließlich Ingrid auftauchte, die unbedingt Durante kennenlernen wollte, wurde Astrid eifersüchtig, als sich Ingrid vier Nächte lang mit Durante abgab.

Es stellt sich heraus, dass Durante jede Menge Familien hat. Unverheiratet mit der einen Frau, geschieden mit der anderen. Eine in Venedig und eine in der Schweiz, andere wurden nicht erwähnt, sondern nur angedeutet. Durante versucht sein Leben so zu leben, wie es ihm passt, und er nimmt keinerlei Rücksicht auf andere Leute. Verantwortlich zu sein für etwas, das scheint für Durante nicht zu existieren.

Astrid verreist in ihr Heimatland und Pietro, so ist es wie alle Jahre geplant, bleibt zurück und reist später nach. Nun ist Pietro gefordert, Durantes sonderbare Lebensansichten näher kennenzulernen und zu tolerieren. Die beiden kommen sich näher …

Ich fragte mich zwischendrin, ob es fair ist, sich von den Frauen immer wieder zu trennen? Dann sagte ich mir, klar, denn auch die Frauen sind verantwortlich dafür, mit wem sie eine Bindung eingehen. Später allerdings änderte ich ein wenig meine Meinung, denn aus den Bindungen gehen auch Kinder hervor, und für die ist Durante sehr wohl verantwortlich.

Durante taucht in den Familien sporadisch auf, damit die Kinder ihn nicht vergessen. Die Familien haben einen Patchwork-Charakter.
Durante stellt die Erziehung der Mütter indirekt infrage, verschwindet dann wieder, wenn es brenzlig wird. Klar, dass die alleinerziehenden Mütter sich dagegen auflehnen.

Durante hilft anderen dabei, sich selbst zu finden, auf ihr Gefühl zu hören, und die inneren Widersprüche zu beseitigen. Mut zu haben zu einem kompromisslosen Leben.

Habe eine Textstelle gefunden, die ich nun zitieren werde. Ich gebe einen längeren Dialog zwischen Pietro und Durante wieder:
„Was glaubst du, wie du bist?" fragte Durante.
"Na ja, manchmal sehe ich mich zufällig von außen und bin ganz anders, als ich zu sein meinte."
"(…) Wichtig ist, dass du weiter glaubst, der zu sein, für den Du dich hältst."
"Auch wenn ich weiß, dass die anderen mich nicht anders sehen als ich selbst?"
"Die anderen gibt es nicht."
"Ach nein?"
"Nein (…). Es gibt die andere und den anderen, viele andere Individuen, Schluss, aus."
"Mag sein, (…) aber wenn man sie alle zusammennimmt, können sie einen ganz schön einschüchtern."
"Du bist es, der ihnen diese Macht verleiht (…). Du bist es, der sie alle zusammentut. Sie wissen es gar nicht."
"Demnach müsste ich sie mir als lauter einzelne Personen vorstellen?"
"Ja, und jede ist genauso besorgt wie du beim Gedanken an die anderen."
"Mag sein, (…). Aber das ändert nichts daran, dass jeder einzelne andere mich weiterhin anders sieht, als ich mich sehe."
"Ist das nicht faszinierend?"(…) "Gibt es deiner Meinung nach auch keinen objektiven Sinn?", fragte Pietro. "Im Leben?" 
Durante schüttelte den Kopf: „Den musst du für dich erfinden, den Sinn. Und immerzu neu erfinden."
„Ja?“"
"Du darfst aber nie zu vernünftig werden, (…). Denn selbst wenn du dich völlig den Regeln der sogenannten Realität unterwerfen würdest, würdest du entdecken, dass die sogenannte Realität an irgendeinem Punkt zu Ende ist."
„Stimmt", sagte Pietro.
„Hab keine Angst, dir vorzustellen, du seiest ein Romanheld, (…)".
Das klingt ja alles ein wenig psychophilosophisch. Überzeugt mich aber nicht, solange es die Kinder gibt, die er gezeugt hat und für die er keine Verantwortung übernimmt.

Deshalb mache ich nun an dieser Stelle Schluss. Das Buch kann ich durchaus weiter empfehlen, aber man darf nicht allzu viel erwarten.

Intuitiv betrachtet bekommt das Buch von mir sieben von zehn Punkten. Die Dialoge waren recht authentisch und fantasievoll geschrieben.

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Wie können die Toten wirklich tot sein, solange sie noch durch unser Herz wandern?
(C. McCullers zitiert aus einer alten Indianerlegende).


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